Berichte von der Arbeit — Strafanzeige
24. Februar 2013
Die meiste Zeit des Lebens arbeitet der Mensch. Zum Glück ist es in unserem Lande auch üblich, dass Arbeitsplätze von Gesetzes wegen so gestaltet sein sollen, dass der Arbeitnehmer seinen Beruf ohne Schaden für die Gesundheit ausüben kann.
Um es gleich vorweg zu sagen: ich habe eine ziemlich robuste Gesundheit und meine letzte Krankschreibung liegt über 15 Jahre zurück, aber was ich vor einigen Tagen auf der Arbeit über mich ergehen lassen musste hat mich gesundheitlich dermaßen belastet, dass ich unter anderem Strafanzeige wegen Körperverletzung gegen einen Objektleiter meiner Firma gestellt habe.
Stundenlang mussten ich und andere Kollegen ununterbrochen in bitterer Kälte im Freien arbeiten; über 4 Stunden stand ich bei eisigem Wind an der Parkplatzzufahrt eines großen Mobilfunkanbieters in Düsseldorf und bekam dadurch Schmerzen in Schulter und Gelenken, mal eben zur Toilette oder zum Aufwärmen ins Konzerngebäude gehen war nicht möglich, dafür seien keine Leute da, die Positionen müssten schließlich immer besetzt sein. Also mussten ich und andere Kollegen auf Weisung des Vorgesetzten unserer Firma in Düsseldorf bitter frieren sowie unsere Gesundheit aufs Spiel setzen. Nach der Schicht war ich so fertig, dass ich kaum noch gerade laufen konnte.
Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass ein Einsatzleiter eines großen Unternehmens so rücksichtslos mit der Gesundheit der Beschäftigten umgeht um beim Kunden zu glänzen, was mich aber besonders erschrak war der Umstand, dass ich weiter in der Kälte aushalten sollte als ich mich telefonisch im Büro der Firma beschwerte. So gering ist der Stellenwert der Gesundheit der Beschäftigten für die Chefetage. Was kann man als einfacher Arbeitnehmer in einer solchen Situation tun? Ich habe den obersten Chef unseres Konzerns angeschrieben und die unmenschliche Situation in Düsseldorf geschildert. Danach muss es richtig in der Firma gerummst haben, jedenfalls bekam ich am nächsten Tag eine Einladung zu meinem örtlichen Chef in der Niederlassung Duisburg wo mir erklärt wurde, dass sich die Düsseldorfer Abteilung entschuldigen würde und sich die Situation dort extrem verbessert habe.
Wenn das stimmt hat sich die Beschwerde gelohnt sowie den Kollegen und mir was gebracht. Jetzt warte ich mal ab ob ich nicht doch später gekündigt werde. Denn mein Duisburger Boss ist alles andere als glücklich über mein Handeln, und die Strafanzeige ist gestellt.
Also abwarten…
24. Februar 2013 um 15:23
Das ist, gelinde gesagt, eine Riesensauerei, was da mit Ihnen und Ihren Kollegen gemacht worden ist. Der Mensch zählt nicht mehr und ist nur noch eine ersetzbare Nummer, leider. 😦
3. März 2013 um 3:10
Was wirklich erschreckend war ist die Gleichgültigkeit mit der Personalverantwortliche die Gefährdung von Leib und Leben der Arbeitnehmer billigend in Kauf nehmen um den Kunden zufrieden zu stellen und Geld zu verdienen. Ich hoffe, dass das in einem Strafprozess mal zur Sprache kommen wird.
3. März 2013 um 12:22
Ganz ehrlich, Herr Gruen, ich glaube nicht, dass da „viel herumkommen“ wird- auch wenn ich es Ihnen von ganzem Herzen wünsche. 😦
Was ich mir im Umkehrschluss jedoch sehr gut vorstellen ist, dass, wenn das auftraggebende Unternehmen dadurch n.a.m.e.n.t.l.i.c.h. in die Medien kommt, dass Sie hier mehr als nur Nadelstiche versetzen können. Siehe Beispiel Amazon- und das kann für so ein Unternehmen ein enormer Imageschaden sein, woraus dann in Folge die Auftragserteilung an Ihren Arbeitgeber revidiert werden könnte.
Köpfe rollen immer hierarchisch.
Das Dumme wäre nur in diesem fiktiven Falle, dass dadurch wieder Arbeitsplätze in Ihrer jetzigen Firma gefährdet wären- wenn man den Faden mal zu Ende spinnt.
Eine klassische Konfliktsituation: Den Mund aufmachen ist scheixxe- und nichts zu sagen noch beschixxener.
Ich drücke Ihnen die Daumen, Herr Gruen- und berichten Sie bitte, wie es weiter geht.
Herzlichst
synsas
post scriptum:
Wenn ich Mutti mal wieder in Hochheide besuche, dann würde ich gerne mal mit Ihnen bei einem Bierchen über dies und das klöhnen. Gesprächsstoff hätten wir bestimmt genug. 🙂
3. März 2013 um 14:18
Das können wir gerne mal tun.
Was den ewigen Konflikt zwischen „Maul halten“ oder „Maul aufreißen und kämpfen“ angeht so sage ich mir einfach, dass meine Gesundheit über alles geht und ich es nicht ertragen kann wenn meine Kollegen unmenschlich behandelt werden. Da wurde grob fahrlässig mit der Gesundheit der Menschen gespielt, und das für 8,33 EURO brutto die Stunde.
Ich vermute mal, dass ich bald wieder arbeitslos sein werde, aber ich werde trotzdem weiterkämpfen und notfalls auch den großen Mobilfunkkonzern in die Sache vor Gericht mithineinziehen. Dann besteht wenigstens Hoffnung, dass sich generell für alle Arbeitnehmer die Bedingungen verbessern.
In diesem Zusammenhang frage ich mich manchmal ja wo die großmäuligen Gewerkschafter sind wenn man sie wirklich gebrauchen könnte. Irgendwie kann ich nicht glauben, dass die davon nichts mitbekommen wenn über mehrere Wochen weithin sichtbar meine Kollegen in bitterer Kälte stundenlang draußen an der Straße ausharren müssen.